
Hallo zusammen,
ich heiße Tim Pfeffer. Ich bin 17 Jahre alt, in Gießen geboren und wohne seit meinem 3. Lebensjahr im Erzgebirge. Ich habe dieses Jahr eine Ausbildung zum Kaufmann für IT-System-Management bei der Telekom begonnen. In meiner Freizeit bin ich gern mit Freunden unterwegs, spiele Computerspiele und treibe Sport, z.B. Fahrrad fahren. Außerdem möchte ich demnächst auch regelmäßig das Fitness-Studio besuchen. Ich bin sehr Technikbegeistert und beschäftige mich gern mit neuen Technologien und Programmen. Durch ein Projekt habe ich auch schon meine eigene Testwebsite programmiert. Mir fehlt seit meiner Geburt der rechte Unterarm. Ich hatte schon von klein auf verschiedene Prothesen. Erst in diesem Jahr habe ich meine allererste myoelektrische Armprothese bekommen.
Heute bin ich sehr selbstbewusst, wenn es um meine Behinderung geht. Doch das hat sehr lange gedauert, bis ich so geworden bin. Als ich noch sehr klein war, war ich sehr unsicher und habe versucht so gut wie möglich meinen Arm zu verstecken.
In dieser Zeit habe ich sehr oft Hoodies oder Jacken getragen, auch wenn es sehr warm war. Ich hatte immer Angst, was die anderen Leute denken und ich wollte nicht so komisch angeschaut werden. Ich wurde im Kindergarten, Grundschule, Oberschule und auch jetzt in meiner Ausbildung sehr gut aufgenommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich wurde immer so behandelt wie alle anderen, ich konnte alles Mögliche ausprobieren, um mich gut zu entwickeln und wachsen können. Mit der Zeit habe ich immer weniger darauf geachtet was andere über mich denken und sagen. Ich habe immer das gemacht, worauf ich Lust hatte. In der Schule war ich sehr gut im Sportunterricht.
Niemand konnte mich aufhalten neue Sachen auszuprobieren. Ich wollte immer schaffen was alle anderen konnten. Zwar habe ich das meistens auf eine andere Art und Weise gemacht, doch ich habe immer meine Ziele erreicht! Ich habe solange daran gearbeitet, bis ich es konnte. Aufgeben gab es nicht für mich!
Schon als kleines Kind habe ich eine Schmuck-Prothese getragen. Später hatten sie kleine Funktionen, landeten aber dennoch in der Kiste mit Lego - ich wollte mich nie abhängig machen von etwas, was sich an meinem Körper fremd angefühlt. Für mich ist es komisch zwei Hände zu haben. So wie ich geboren wurde fühlt es sich wie mit zwei Händen an. Es gibt Tätigkeiten, die ich deutlich schneller oder besser mit einer Hand erledigen kann als andere aus meiner Familie. Meine Eltern haben die Entscheidung für eine Prothese mir überlassen. Ich habe sie genutzt, um zu sehen, ob sie mir überhaupt in meinem Alltag helfen kann. Naja, als kleines Kind war es vielleicht mal nützlich Lego auseinander zu nehmen, aber z.B. essen konnte ich doch besser ohne. Selbst heute sehe ich die Prothese eher als nützliches Gadget und nicht als Zusatzarm, den ich brauche, um im Alltag zurecht zu kommen. Es ist gut zu wissen, dass ich auf die myoelektrische Prothese zurückgreifen kann.
Aus heutiger Sicht bin ich überaus glücklich so geboren zu sein, wie ich bin. Ich durfte in meinem Leben so viele nette, hilfsbereite und großartige Menschen kennenlernen. Ich habe einzigartige Freundschaften schließen können und bin überglücklich solche Menschen in meinem Leben zu haben. Ich bin froh, so liebevolle Eltern und Geschwister zu haben, die mich immer so gut es geht unterstützen.

Anders zu sein heißt nicht gleich, dass alles schlechter ist. Eine Behinderung ist kein Hindernis dafür, seine Ziele nicht zu erreichen. Ich habe ein Beispiel dafür: von der ersten Klasse an hatte ich Sportunterricht und wurde anfangs für meine Leistungen nicht benotet. Wenn ich heute darüber nachdenke, war dies nicht unbedingt gut so, da Schulnoten auch der Motivation dienen können. Ich habe mich in während der Schulzeit so weit hochgearbeitet und geübt, dass ich dieses Jahr bei meinem Realschulabschluss mit einer Eins im Fach Sport abgeschlossen habe. Das hätte ich mir vorher nie denken können - dass ich mit meiner Behinderung im Sportunterricht eine Eins bekommen würde. Ich wurde genau so benotet wie alle anderen Schüler in meiner Klasse auch. Ein weiteres Beispiel ist das Schuhe binden. Anfangs habe ich dabei immer wieder Hilfe bekommen. Irgendwann hatte ich es satt, dass mir jemand helfen muss, mir meine Schuhe zu binden. Am selben Tag habe ich mir viele Videos zum Thema Schuhe binden angeschaut und ganz viel geübt, bis ich es endlich allein konnte. Ich wollte es unbedingt selbst schaffen und habe erst aufgehört zu üben, bis ich es perfekt konnte.
Klar gab es auch Momente, wo ich mir dachte, dass es jetzt echt schwer wird, aber ich habe immer eine Lösung gefunden. Ich habe mich nie als eingeschränkt angesehen. Ich wollte nie Mitleid oder besondere Rücksichtnahme bekommen. Ich wollte immer so behandelt werden wie jeder andere auch.
Heute bin ich wirklich froh, dass mich mein Weg so weit gebracht hat. Dadurch hat sich meine Motivation für Neues weiterentwickelt und ich bin hartnäckiger geworden, wenn es darum geht, ein Ziel zu erreichen.
Aktuell habe ich eine Prothese speziell fürs Fahrradfahren. Dann habe ich noch meine myoelektrische Prothese, um im Alltag besser zurecht zu kommen. Mit ihr kann ich alle Finger bewegen, z.B. um eine Flasche zu öffnen oder mit Messer und Gabel zu essen. Wenn ich zu Hause leichte Tätigkeiten erledigen will, z.B. am PC arbeiten oder Filme und Serien schauen möchte, dann nutze ich die Prothese nicht. Ich bin aber froh, jederzeit auf sie zurück greifen zu können, wenn ich sie doch einmal brauche.
Zum Schluss will ich euch noch etwas auf euren Weg mitgeben, was ich bisher in meinem Leben gelernt habe: Probiert einfach mal Neues aus, geht euren Weg und versteckt euch nicht vor anderen.
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