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Sophie

Hallo ihr Lieben, ich bin Sophie, 16 Jahre alt und wohne in Nordhessen. Ich besuche die 11. Klasse eines Gymnasiums und meine Hobbys sind Feuerwehr, Lesen und Backen. Seit meiner Geburt fehlt mir durch Dysmelie die linke Hand bzw. meine Finger sind nur als kleine Stümmelchen vorhanden.

Mit der „kleinen Hand“ komme ich super zurecht und tippe auch gerade diesen Text am Laptop mit meinem kleinen linken Daumen und dem Handgelenksknochen, das noch so irgendwie vorhanden ist. Dadurch, dass ich in einem kleinen Dorf lebe, kennt mich gefühlt jeder und weiß von meiner Hand. Aus meinem Jahrgang wohnen noch fünf andere Jugendliche in meinem Dorf und die kenne ich schon immer und die mich. Ich habe nie mitbekommen, dass meine Hand ein Problem für sie darstellt. Genauso lief es auch im Kindergarten, der Grundschule und der weiterführenden Schule. Klar gab es zwischendurch mal kleine Hänseleien, aber meine Freunde haben mich dann auch immer unterstützt und verteidigt, wenn es sein musste.


Das Fehlen meiner Hand hat mir einfach gezeigt, dass ich besonders bin und dies auch zeigen muss, denn seine Behinderung sollte man nicht verstecken - man ist genauso ein toller Mensch wie jeder andere auch.

Viele Dinge, wie zum Beispiel das Einpacken von Geschenken oder Binden von Schnürsenkeln, habe ich mir selbst beigebracht. Meine Eltern haben sich früher auch viele Sorgen gemacht, wie soll Sophie das machen, wie wird sie ein gutes Leben führen können und so weiter. Ganz am Anfang stand natürlich die Frage im Raum, warum Sophie, warum hat ausgerechnet sie nur eine Hand. Aber diese Sorgen waren spätestens dann vergessen, als ich, auch schon als Kleinkind, anfing zu beweisen, was ich mit einer Hand so alles kann. Meine Eltern haben mich in meinem bisherigen Leben immer unterstützt und sie werden es auch weiter tun. Dafür bin ich wirklich sehr sehr dankbar, denn sonst würde heute wahrscheinlich nicht dort sein, wo ich heute bin.


Seit zwei Jahren habe ich eine Handprothese, mit der ich auch gut zurechtkomme. Allerdings trage ich sie nicht so oft, da sie schon schwer und ungewohnt ist. Das zeigt auch, dass ich die Prothese nicht trage, um meine Hand zu verstecken, sondern, damit sie mir in verschiedenen Situationen hilft. Auch in meiner Kindheit habe ich meine kleine Hand nicht bewusst versteckt, eher unbewusst, wenn der Pulli oder die Jacke zu lang war. Das ist heute auch noch immer mal wieder so.


Ein fehlendes Körperteil beeinflusst nicht den Charakter eines Menschen, es macht ihn nur stärker und selbstbewusster.

Selbstbewusstsein ist auch ein wichtiger Punkt in meinem Leben. Ich war und bin immer noch sehr zurückhaltend, vor allem bei Menschen, die ich nicht kenne. Ich brauche immer erst einmal ein bisschen Zeit und dann kann ich mich gut öffnen. Dann habe ich allerdings mit Instagram angefangen und dort über das Leben als „Einhändige“ erzählt und mich mit anderen ausgetauscht. Ich habe viele sehr positive Rückmeldungen bekommen und auch großes Selbstbewusstsein zugeschrieben bekommen. Denn gerade im Internet könnte ich ja meine Hand verstecken und mich wie ein „Nicht- Behinderter“ Mensch zeigen. Doch mein Account bezieht sich eben auf das Leben mit einer Hand und deswegen werde ich auch nichts verstecken.



Auf meinem Account geht es auch - also eigentlich nur -um meine Erfahrungen und Erlebnisse in der Jugend- bzw. Freiwilligen Feuerwehr. Denn ich bin, seitdem ich sechs Jahre alt bin, in der Kinderfeuerwehr. In meinem kleinen Dorf war das alles ganz entspannt, wie gesagt, jeder kennt jeden und dementsprechend war meine fehlende Hand auch nie ein Problem. In der Kinderfeuerwehr ist vieles noch spielerisch und es wird gebastelt. In der Jugendfeuerwehr gings dann allerdings auch ans Praktische, anfangs hatte ich ein paar Gedanken, ob ich das überhaupt so schaffen könnte, wie die anderen auch. Verschiedene Dinge wurden einmal erklärt und dann hieß es, selbst machen.


Wer eine Behinderung hat, der gibt nicht so schnell auf. Der Wille, es zu schaffen ist größer als alles andere und man probiert alles solange und sucht sich seinen eigenen Weg, bis es funktioniert.

Ich habe mir meinen Weg gesucht, wie ich Knoten mache, die in der Feuerwehr sehr wichtig sind. Einen Schlauch kann ich zum Beispiel teilweise besser auswerfen, wie manch anderer mit zwei Händen. Dabei halte ich die beiden Enden mit der rechten Hand fest und stütze mit der linken Hand den restlichen aufgerollten Schlauch. Dann nehme ich Schwung und werfe den Schlauch aus und dieser rollt ganz einfach über die linke Hand und rollt sich somit perfekt bis zum Ende aus. Natürlich ist es viel besser und geht im Ernstfall viel schneller, wenn der Schlauch komplett ausgerollt ist, anstatt nur bis zur Hälfte und er dann verknotet und durcheinander ist. Im September habe ich dann ein wichtiges Abzeichen bestanden, das mir den Weg zu der Einsatzabteilung der freiwilligen Feuerwehr ebnet. Seitdem bin ich auch bei den Übungsabenden der Einsatzabteilung dabei und durfte viel mitmachen und ausprobieren. Eine Leiter hochzusteigen funktioniert auch, allerdings noch nicht ganz perfekt, aber das werde ich im Grundlehrgang, der hoffentlich im März stattfindet, lernen.


Die Feuerwehr hat mein Selbstbewusstsein sehr in die Höhe gepusht, besonders durch ein Filmprojekt im August und September, bei dem ich dabei war. In jeder Folge geht es um zwei Jugendliche mit dem gleichen Hobby, dabei hat einer eine Behinderung und der andere nicht. In meiner Folge geht es selbstverständlich um die Jugendfeuerwehr. Der Jugendliche ohne Behinderung ist ein ganz lieber Junge und wir haben uns direkt gut verstanden. Außerdem hat er meine fehlende Hand im guten Sinne ignoriert und ich konnte zeigen, wie gut ich das feuerwehrtechnische auch mit einer Hand kann. Wir haben zusammen eine Übung gemacht und waren anschließend noch unterwegs. Wohin es ging war für uns eine Überraschung und euch werde ich es auch nicht erzählen, das müsst ihr schon selbst herausfinden. (Ich bin in Folge 10 der Serie „Carl-Josef trifft…“ zu sehen, die Serie könnt ihr ganz einfach hier in der ARD-Mediathek abrufen).


Bei der Feuerwehr hilft jeder jedem, das ist einfach so und das ist auch gut so, denn nur zusammen kann man etwas bewirken.

Das war's auch schon zu mir, solltet ihr noch Fragen oder Redebedarf haben, schreibt mir doch gern auf meinen Instagram-Account: @onehandfirefighting


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