Auf die Geburt unseres Sohnes haben wir uns unendlich gefreut und wir wollten ihn endlich kennenlernen. Im OP, während ich nach dem Kaiserschnitt genäht wurde, wurde der kleine Mann unglaublich lange untersucht und bis auf einen kurzen Moment, an dem er uns gezeigt wurde, hatten wir keine Informationen zu unserem Sohn. Nach ewigen Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, kam dann jemand vom Ärzte- und Hebammenteam mit den Worten: “Sie haben einen gesunden Jungen, lediglich der Mittelfinger der linken Hand ist verkürzt!“
Mit diesen Worten war aus der unendlichen Freude, Sorge geworden und bisher hatten wir auch immer noch nicht unseren Sohn an unserer Seite. Tausend Gedanken sprangen uns direkt in den Kopf und glauben konnten wir es nicht so Recht, denn immerhin waren wir ja aufgrund meiner eigenen Vorgeschichte zur Pränataldiagnostik gewesen, bei der diese Veränderung der Hand nicht ersichtlich war. Tausend Fragen überschatteten den eigentlich so schönen Moment, auf den wir 9 Monate sehnsüchtig gewartet hatten. „Was ist, wenn da noch mehr als der verkürzte Finger ist?“ „Hat er vielleicht auch eine geistige Behinderung?“ „Sind wir schuld?“ „Liegt es an unserer Arbeit im Labor?“
Endlich durften wir dann unseren Sohn sehen und in den Arm nehmen. Das Bonding und Stillen klappte und der Kleine machte einen guten Eindruck. Trotzdem waren da all die Sorgen, Fragen und Gedanken, die uns niemand beantworten konnte oder wollte, uns beruhigte oder etwas anderes, damit wir uns besser fühlen konnten. Wir waren alleine!!!
Immerhin wurde für uns ein Termin in der Kinderorthopädie gemacht, der allerdings völlig für die Katz war, da man im Ultraschall des Fingers nichts sehen konnte. So wussten wir weiterhin nichts. Bloß gelernt haben wir, dass man mit einem 4 Tage alten Säugling, der noch nicht richtig trinken kann und einer schmerzenden Kaiserschnittnarbe schon mal 5 Stunden im Wartebereich eines Krankenhauses sitzen kann, ohne dass es die Möglichkeit zum Wickeln oder in Ruhe Stillen gibt.
So wurden wir also entlassen und bisher haben wir auch keine weiteren Informationen bekommen. Nicht mal ein Bericht ist an den Kinderarzt gegangen, obwohl das passieren sollte. Also weiterhin keine Informationen über die Veränderung am Finger oder vielleicht sogar den Fingern?!Wahrscheinlich haben wir den ersten Schock aber relativ gut selbst überwunden, da ich als seine Mama, mit diversen Fehlbildungen zur Welt gekommen bin und nach zig Operationen ein einigermaßen normales Leben führen kann.
Meine eigenen Eltern haben mir immer deutlich gemacht, dass ich ein normales Kind bin und alles machen oder zumindest versuchen kann.
Diesen positiven Geist werden wir daher ebenso an unseren Sohn herantragen und vorleben, denn wir sind seine Vorbilder und warum sollte er auch nicht alles können?Weiterhin haben wir im Freundeskreis diverse Menschen mit „Behinderungen“ (das Wort mag ich nicht…), die ihr Leben sehr gut meistern und unserem Sohn als Vorbild dienen können. Jedenfalls haben wir nach den letzten Monaten gelernt, dass es eigentlich völlig egal ist, ob der Finger vollständig ist oder nicht, denn der kleine Mann entwickelt sich so wie alle Babys es sollen und auch die Motorik funktioniert prima. Er ist ein so freundliches Kind mit richtig viel Energie und Hummeln im Windelpo. Lacht er, geht für uns die Sonne auf!!! Wir lieben unseren Sohn genau, wie er ist und möchten keinen Tag mit ihm missen. Für uns ist er perfekt so, wie er ist und wir werden ihn bei allem unterstützen und seinen Weg begleiten!
Wir hätten uns allerdings mehr Hilfe von den Ärzten gewünscht und eine bessere Aufklärung und Ideen, wie man mit einer solchen Besonderheit umgehen kann. Leider mussten wir das alles selbst herausfinden und tun das auch immer noch, da die Details bisher nicht geklärt sind.
Daher wünschen wir uns mehr Aufklärung in der Gesellschaft oder dem Krankenhaus, um betroffenen Eltern schneller zu helfen, die Angst zu nehmen und Mut zu machen!!!
Wir haben demnächst übrigens einen neuen Termin in der Kinderorthopädie. Es bleibt also spannend und wir hoffen nun endlich mehr über das Ausmaß der Besonderheit zu erfahren. Fortsetzung folgt…
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