top of page
Suche

Greta



Hallo Ihr Lieben,


ich bin Greta Niewiadomski, 20 Jahre alt, komme aus Bremen und studiere Psychologie in Würzburg. In meiner Freizeit spiele ich Fußball, verbringe Zeit mit Freund*innen und reise, wann immer es geht. Außerdem habe ich vor einigen Jahren mein Interesse für Kunst und Fotografie entdeckt. Seit meiner Geburt habe ich keine rechte Hand und erst seit etwa zwei Jahren besitze ich eine Prothese.


Mittlerweile gehe ich mit der Behinderung sehr selbstbewusst um, aber in meiner Kindheit war das anders. Also v.a. Kinder sind da ja sehr direkt und können erschrockene oder interessierte Blicke daher selten verbergen. Das war für mich im Prinzip eine lange Phase der Übung, den besten Umgang damit auszutüfteln und mir selbst zu überlegen, wie es für mich am besten passt. Da ich immer gerne unter Leuten war und viel Sport gemacht habe, kam es für mich nicht in Frage, meine Besonderheit zu verstecken. Stattdessen habe ich immer eher die Flucht nach vorne gewagt. Und sobald ich anderen meine Situation erklärt habe, kam viel Verständnis auf, sodass meine Besonderheit mit der Zeit immer weniger ins Gewicht fiel.


Tatsächlich habe ich eine Prothese anfangs nicht mit mir in Verbindung gebracht. Ich denke, es ist für Außenstehende schwer vorstellbar, aber da ich ohne rechte Hand geboren wurde, ist das für mich die Norm. Ich habe mich genauso daran gewöhnt, wie die meisten anderen an zwei Hände. Und so, wie viele Menschen der Gedanke beunruhigen würde, irgendwann mal eine Hand zu verlieren, hätte mich eher die Idee verunsichert, plötzlich eine Hand mehr zu haben. Vielleicht ist das für mich so abwegig, wie für Dich die Vorstellung drei Hände zu haben. Du wüsstest wahrscheinlich nicht, wie Du die koordinieren solltest. Oder wofür Du sie benötigst. Und meine Eltern haben sich früher bewusst gegen eine Prothese entschieden, weil sie mir vorerst ermöglichen wollten, ein natürliches Körpergefühl zu entwickeln und nicht auf ein externes technisches Hilfsmittel angewiesen zu sein.


Um die Vorteile, die ich durch meine Andersartigkeit habe, zu demonstrieren, erwähne ich immer wieder gerne die Story mit dem Schuhe binden. Wir haben das im Kindergarten gelernt und ich hab´s erst nicht hinbekommen. Damit niemand sagen konnte, es würde an der Hand liegen, hab ich es den ganzen Abend und die halbe Nacht geübt, immer wieder, bis ich es konnte. Und am nächsten Tag konnte es niemand – nur ich!


Sicherlich hatte ich manchmal das Gefühl, dass ich mich mehr anstrengen müsste. Ich wollte auch nie Mitleid oder Rücksicht, weil ich mich selbst nie als eingeschränkt wahrgenommen hab.


Heute bin ich eigentlich froh darüber, denn das hat ja meinen Ehrgeiz gesteigert und mich oft zusätzlich motiviert. Zur Prothese: Ich dachte lange, dass ich mir eine Prothese gar nicht leisten könnte. Aber tatsächlich übernimmt das die Krankenkasse vollständig. Hautfarben kam sie sowieso nicht in Frage, weil ich mich ja nicht verstecken wollte. Die Prothese bietet mir gesellschaftlich eine gute Möglichkeit, offen zu meiner Andersartigkeit zu stehen und dem ganzen gleichzeitig einen futuristischen Touch zu geben. Viele verbinden solche „Cyborg“ Hände ja mit Science-Fiction Filmen, wie StarWars und das finde ich wiederum cool, weil es bislang eher als defizitär gesehen wurde, eine Hand weniger als die Norm zu haben. Geändert hat sich für mich also insofern, dass ich nun für dieselbe Sache bewundert werde, die vorher Berührungsängste ausgelöst hat. Vor allem ist es die soziale Wahrnehmung für das Thema Behinderung, die sie komplett verändert hat und das wäre schon bereichernd genug. Aber vor allem beim Fotografieren und auch bei so einfachen Greiftätigkeiten entlastet sie die linke Hand enorm.


Im Alltag und v.a. jetzt im Homeoffice trage ich sie sehr selten. Aber wenn ich dann mal einen Nagel in die Wand hauen muss, hol ich sie aus dem Koffer. Ich sehe die Prothese eher als nützliches Gadget und bin nicht darauf angewiesen. Das ist natürlich auch gut so. Aber es ist auch gut, jederzeit die Möglichkeit zu haben, sie zu tragen. So wie bei einem Kleidungsstück, das man sehr gerne mag. Apropos Kleidung: Die Modewelt wird übrigens auch immer inklusiver, sodass ich sie bei Fotoshootings immer öfter trage. Ich denke sogar, dass der Trend in die Richtung geht, nicht mehr nur „schön“ sein zu müssen, sondern Wiedererkennungswert zu haben. Dafür ist die Prothese halt perfekt.


Ich denke, es ist für Außenstehende schwer vorstellbar, aber da ich ohne rechte Hand geboren wurde, ist das für mich die Norm. Ich habe mich genauso daran gewöhnt, wie die meisten anderen an zwei Hände. Und so, wie viele Menschen der Gedanke beunruhigen würde, irgendwann mal eine Hand zu verlieren, hätte mich eher die Idee verunsichert, plötzlich eine Hand mehr zu haben.



146 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Sarah

Júlia

Bennett

bottom of page